"Das Leben auf diesem Planeten ist in Gefahr: Arten sterben aus und einem Großteil der Menschheit werden gerechte Lebenschancen verwehrt. Ein unhaltbarer Zustand der eine grundlegende Transformation der Gesellschaft bedarf und gegen den bereits in vielerlei Weise Widerstand geleistet wird.
Eine Revolution für das Leben ist notwendig – und bereits im Gange! Eine Revolution für das Leben* setzt auf vielen Ebenen gleichzeitig an und verbindet Basisbewegungen aus verschiedenen Bereichen – Ökologie, Antimilitarismus, Feminismus, Antirassismus, Kapitalismuskritik u.v.m. – und aus unterschiedlichen Generationen, Weltregionen und Perspektiven.
Auf der Jahrestagung wollen wir uns diesen Bewegungen widmen, verschiedene Kampagnen kennenlernen, Unterschiede wertschätzen, Gemeinsamkeiten erkunden und uns auf die Suche nach den Verbindungen machen. Was sind unsere jeweiligen Beiträge zu einer Revolution für das Leben? Wie wirken die verschiedenen Beiträge zusammen?
Die Tagung dient der gegenseitigen Ermutigung ebenso wie der strategischen Ausrichtung und Vernetzung der Bewegungen - wir wollen gemeinsam Synergien schaffen!"
Mosaik des Lebens – ein Rückblick auf die Jahrestagung in Arendsee
Berthold Keunecke
„Eine Revolution für das Leben ist notwendig“, so haben wir in der Einladung zur Jahrestagung 2022 in Arendsee geschrieben. Doch im Februar begann Russland den Krieg in der Ukraine, und unsere Bundesregierung rief eine „Zeitenwende“ aus, die genau in die andere Richtung deutet: Massivste Aufrüstung und der Versuch, alle pazifistischen Gedanken als „aus der Zeit gefallen“ zu brandmarken. Das hat unsere Tagung geprägt. Wie können wir uns für das Leben engagieren, wenn die Mächte des Todes solche Kräfte entfalten?
Eine Revolution stellen wir uns heute als längere Reise vor, die aus vielen kleinen Schritten besteht. So war die Tagung auch ein Mosaik aus vielen Gesprächen, Begegnungen und Gedanken. Mosaik: Eine gute Tradition ist es geworden, das Treffen mit Begegnungen in Kleingruppen zu beginnen, die wir Mosaikgruppen nennen, und in denen wir am Schluss auch über unsere Tagungseindrücke reflektieren konnten. Ein anderes Mosaik gab es mittendrin: Das „Mosaik der Friedensarbeit“ gibt einen spannenden Überblick über die vielfältigen Aktivitäten, an denen VB-Mitglieder beteiligt sind: Von den Aktionen gegen die Atomraketen in Büchel über die diesjährige Lebenslauteaktion gegen den Autobahnbau in Berlin bis zur Aufarbeitung von Rassismuserfahrungen innerhalb unseres Verbandes konnten wir vielfältige Erfahrungen und Ideen diskutieren.
Von Beginn an haben wir versucht, tiefenökologische Grundlagen in uns zu erspüren: Kerstin Veigt lud uns zur Eröffnung und in den Morgenimpulsen ein, inne zu halten, unserem Körper und unserem Atem nachzuspüren und Verbindung zu den Elementen Erde und Luft, Wasser und Feuer aufzunehmen. Das sollte die Grundlage sein, dann auch die vielen Worte verdauen zu können – zum Einen die Revolutionsthesen, die Ullrich Hahn im letzten Rundbrief auch veröffentlicht hat, und der interessante Vortrag von Charlotte Hitzfelder und Anne Pinnow, die beim Konzeptwerk Neue Ökonomie in Leipzig arbeiten und uns mit dem Projekt „Zukunft für alle!“ viele Bausteine nahe brachten, wie die wirtschaftliche Gewalt des Kapitalismus überwunden werden kann. Diese Gewalt hat uns zudem Chady Seubert in einer Szenischen Lesung aus dem Buch von Eva von Redecker, das unserer Tagung auch den Namen gab, eindrücklich und berührend dargestellt.
Die verschiedenen Arbeitsgruppen und Diskussionsforen haben unser Mosaik dann noch bunter und tiefer gestaltet – doch bei allem zog sich für mich der rote Faden durch, dass es mir einfach guttat, mich mit Gleichgesinnten im Spannungsfeld zwischen „Revolution für das Leben“ und „Zeitenwende zur Kriegsökonomie“ austauschen zu können. Der Ukrainekrieg bewegt uns – und kam am Samstag, wo wir Nachmittags einen offenen Zeitraum für aktuelle Fragen und spontane Diskussionen eingeplant hatten, dann sehr intensiv zu Sprache. Clemens Ronnefeldt, Anna Turkulova und Hans-Hartwig Lützow haben in mehreren Runden über die Hintergründe des Krieges informiert und dabei Clemens‘ ausgewogene Argumentationen gegen alle Waffenlieferungen und Kriegsunterstützung mit den Perspektiven unserer ehemaligen Praktikantin Anna Turkulova aus der Ukraine verknüpft, sich in der aktuellen Situation gezwungen sieht, den militärischen Widerstand zu unterstützen - obwohl sie im Herzen Pazifistin ist. Wir haben die Spannung ausgehalten und am Abend gut zusammen gefeiert.
Manche Tagungsteilnehmenden zeigten sich nachdenklich, wie stark wir an unserer absoluten Waffenkritik festhalten können und müssen: Aus Ohnmachtsgefühlen heraus erklingt manchmal der Ruf nach bewaffnetem Widerstand. Für mich bleibt jedoch klar, dass nur der gewaltfreie Weg wirkliche Zukunftsperspektiven eröffnen kann – die einzige Perspektive für individuelles und globales Leben. Das Leben, für das wir die sanfte Revolution wie ein buntes Mosaik in vielen kleinen Schritten wagen wollen.
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Donnerstag
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© Versöhnungsbund e.V. © Foto: Hanno Paul Mitgliederversammlung Teil 1a
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© von https://kiez-arendsee.de/ Mittagessen
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© Versöhnungsbund e.V. Mitgliederversammlung Teil 1b
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Pause bzw. Tagungs-Check-In
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© Foto: Hanno Paul Eröffnung der Jahrestagung
I.
„Revolution“ ist ein großes Wort. Schon für unsere letzte Jahrestagung zum Thema „Klimagerechtigkeit jetzt!“ haben wir es als Adjektiv (Beiwort) benutzt („aktiv – gewaltfrei – revolutionär“). In diesem Jahr also als Substantiv (Hauptwort). Es erinnert an weltbewegende Vorgänge der letzten 250 Jahre von den gewaltsamen Erhebungen in Amerika, Frankreich und Haiti (1776, 1789, 1795) bis zur gewaltlosen Revolution in der DDR 1989. Manche sind gelungen, manche gescheitert, oft entsprach der äußerliche Erfolg nicht den mit der Revolution verbundenen Erwartungen. Immer waren die Revolutionen aber Antwort auf eine drängende Not oder schreiende Ungerechtigkeit, die dazu führte, dass die Menschen die ihnen vom Staat, der Wirtschaft und Gesellschaft vorgegebenen Bahnen und Grenzen überschritten und etwas Neues begründen wollten.
II.
Anlass für die von uns heute als notwendig empfundene Revolution ist die Bedrohung des Lebens, zuvörderst des menschlichen, aber darüber hinaus allen Lebens. Erstmals in der Geschichte der Revolutionen geht es damit nicht um Befreiung von Unterdrückung oder die Idee der Freiheit als Grundlage einer neuen gerechten Gesellschaftsordnung. Es geht vielmehr um die Grundvoraussetzungen des Überlebens von Leben auf dieser Erde. Damit geht es gleichzeitig auch nicht mehr nur um eine Neugestaltung der Gesellschaft im nationalen Rahmen, sondern um die Menschheit, um das Ganze, das zusammengehört und sich nicht mehr trennen lässt.
Albert Schweitzer drückte diese Verbundenheit schon vor 100 Jahren ganz schlicht aus:
„Ich bin Leben inmitten von Leben, das auch Leben will. Gut ist, Leben zu erhalten, zu fördern und zur Entfaltung zu bringen.“
III.
Eine Revolution verbinden wir zumeist mit Bildern der Gewalt: den Sturm auf die Bastille, die umkämpften Barrikaden 1848 in Dresden und anderswo, die zu Ikonen gewordenen Namen und Bilder von Ho Tschi Minh und Che Guevara. Aber es gibt auch schon eine sehr alte gewaltkritische Seite der Revolution. Im 19. Jahrhundert erkennt der europaweit aktive
Michail Bakunin: „Je mehr Gewalt, desto weniger Revolution; je weniger Gewalt, desto mehr Revolution.“ Und Gustav Landauer, der deutsche Revolutionär, der am Ende der Münchner Räterepublik von Reichswehrsoldaten totgeschlagen wurde, schreibt 1901:„Ein Ziel lässt sich nur erreichen, wenn das Mittel schon in der Farbe dieses Ziels gefärbt ist. Nie kommt man durch Gewalt zur Gewaltlosigkeit.“
Und 1914:
„Jetzt kann es vielen klar werden, dass Freiheit und Frieden den Völkern nur kommen, wenn sie wie Jesus und seine Nachfolger, in unserer Zeit vor allem Tolstoi, es raten, völlige Enthaltsamkeit von jeglicher Gewalt erwählen. Gewalt führt nur immer zu Gewalt.“
IV.
Ein zweites Missverständnis haftet der Revolution an: Gleich einem Vulkan soll er plötzlich ausbrechen und die Verhältnisse dann im Handumdrehen ändern. Jedoch: Wenn die Revolution mehr und anderes sein soll, als bloß eine Auswechselung der Regierung, ein Putsch, ein Staatsstreich, ist sie ein Geschehen, das seine Zeit braucht und ganz unspektakulär, für die Medien kaum wahrnehmbar und gerade deshalb oft überraschend, große Wirkung hervorbringt, wie 1989 in der DDR. Noch einmal Gustav Landauer:
„Die politische Revolution kann dem Sozialismus die Bahn frei machen.... Aber die Umwandlung der Gesellschaftseinrichtungen, der Eigentumsverhältnisse, der Wirtschaftsweise kann nicht auf diesem Weg kommen – die Umwandlung der Gesellschaft kann nur in Liebe, in Arbeit, in Stille kommen.“
Das bedeutet kein passives Warten auf irgendeinen späteren Zeitpunkt, die Weltrevolution, die nächste Generation oder das Kommen des Messias. Es geht um das sofortige Beginnen, und wenn wir wenige sind, werden wir klein beginnen (Landauer). Alle ernsthaften Revolutionäre haben die dafür nötige Zeit als ihre Lebenszeit erfahren und die Revolution als ihren Lebensweg begriffen.
V.
Eine „Revolution für das Leben“, verstanden als die notwendige Transformation (Umgestaltung) der Gesellschaft, umfasst viele Facetten und noch mehr einzelne Schritte. Mit einigen davon werden wir uns auf dieser Jahrestagung beschäftigen und Anregungen erhalten. Mit der Umsetzung beginnen wir dann von Neuem, wenn wir wieder zu Hause sind
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© Versöhnungsbund e.V. Kinderbetreuung & -programm
Lena Leupold, Emma Klattenhoff, Cornelius Büthe, Sophia Morad, Simona Mecja
Das reguläre Kinderprogramm startet am Donnerstag um 16 Uhr und ist dann tagsüber während der gesamten Tagung. Während der MV ab 11 Uhr bieten wir Kinderbetreuung noch in eingeschränktem Umfang an.
Hallo liebe Kids/Teilnehmenden,
Wir, das sind Emma, Lena, Sophia, Simona und Cornelius, freuen uns darauf mit euch ein buntes und spannendes Freizeitprogramm während des Seminar-Wochenendes zu gestalten! Wir wollen mit euch eine Menge Spaß und Spielen teilen und das eine oder anderen diskutieren. Sofern die Sonne scheint, finden unsere Aktionen natürlich draußen statt. Für den Fall das es Regen gibt (den haben wir aber abbestellt!!!) sind wir drin und nutzen die coolen Räumlichkeiten des Hauses. Da wir unterschiedliche Sachen mit euch geplant habt, packt am besten ganz viele Ideen und vielleicht auch das ein oder andere Spiel ein.
Auch für die Älteren unter euch ist programmtechnisch gesorgt. Solltet ihr mal nicht an den Seminaren teilnehmen wollen bieten wir altersübergreifende Spiele an. Außerdem wollen wir mit euch Workshops zu Frieden, Umwelt und nötigen Veränderungen auf der Welt gestalten. Wir hoffen, ihr habt Lust, eure Gedanken dazu mitzubringen!
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Hallo liebe Eltern,
wir haben bereits in verschiedenen Bereichen Erfahrungen in der Arbeit mit Kinder und Jugendlichen gesammelt. Für die Zeit in der ihr euch in den unterschiedlichen Seminaren austauscht haben wir für die jüngeren Teilnehmenden ein buntes Programm aus Spaß und der vielleicht ein oder anderen Diskussion zusammengestellt. Wir freuen uns darauf dieses mit den Kindern in diesem Jahr durchzuführen und gemeinsam etwas voneinander zu lernen.
Hinweis: Der Versöhnungsbund verfügt über keine entsprechende Haftpflichtversicherung für die Kinderbetreuung. Daher entspricht das Betreuungsangebot einer Freizeitveranstaltung. Die Erziehungsberechtigten nutzen somit das Betreuungsangebot auf eigene Gefahr und in eigener Haftung.
...bisher haben wir immer sehr gute Erfahrungen mit der Kinderbetreuung gemacht! :-)
Über die Referent*innen:
Lena Leupold, Moin, ich bin Lena, 21 Jahre alt und komme wie Emma aus Flensburg. Um Soziale Arbeit zu studieren, bin ich vor 1,5 Jahren in eine coole WG in Bielefeld gezogen. Ich liebe Spiele und freu mich schon drauf den ein oder anderen Quatsch mit euch zu machen.
Emma Klattenhoff, Hey, ich bin Emma, 21 Jahre alt und komme aus Flensburg. Ich freue mich schon mega auf ein cooles Wochenende mit euch. Bei mir geht gar nichts ohne ein Grinsen im Gesicht und ich bin für jede noch so verrückte Aktion zu haben!
Cornelius Büthe, ist Politik-Student, vielseitig sportlich interessiert und am liebsten immer unterwegs, sei es zum Reisen oder um sich in politischen Seminaren auszutauschen.
Sophia Morad, Hallo, ich bin Sophia und 21 Jahre alt. :) Ich komme aus dem Rheinland, also zwischen Köln und Bonn. Zurzeit mache ich eine Erzieherin Ausbildung und vervollständige mein Abitur. Ich freue mich auf eine tolle Zeit!
Simona Mecja, Hallo, ich bin Simona, 20 Jahre alt und komme aus Albanien. Ich habe mein Abitur abgeschlossen und mache gerade eine Ausbildung im Pflegebereich. Ich liebe Kinder sehr und verbringe gerne Zeit mit ihnen.Ich freue mich auf eine schöne Zeit.
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Austausch in Mosaikgruppen
Die Mosaikgruppen sind eine Kleingruppeneinheit zu Beginn der Jahrestagung. Sie dienen dem gegenseitigen Kennenlernen und einem ersten Austausch zum Thema.
Freu Dich darauf, unterschiedliche Menschen aus unterschiedlichen Teilen Deutschlands kennenzulernen, ihre Geschichten zu hören und Dich zu verbinden im Austausch über das Thema „Revolution für das Leben“. Vielleicht werden auch Erwartungen an die Tagung zum Thema, Wünsche für ein gutes Miteinander und Träume für ein gutes Leben für alle geteilt. Lass Dich überraschen!
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© von https://kiez-arendsee.de/ Abendessen & Pause
dabei (an einem separaten Tisch): Dialograum zum Ukraine-Krieg – Benedikt Mechler
Welche Gedanken und Gefühle bewegen uns angesichts dieses schrecklichen Krieges mitten in Europa?
Diejenigen unter uns, die sich hierzu zum informellen Austausch treffen möchten, haben beim gemeinsamen Abendessen die Gelegenheit dazu.
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© Jugendforum auf der Jahrestagung, Versöhnungsbund e.V. Jugendforum
Das Jugendforum bietet speziell den jungen Menschen auf der Jahrestagung einen Austauschraum.
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© Foto: Hanno Paul Musikalisch-szenische Lesung zu Eva von Redeckers „Revolution für das Leben“
Chady Seubert
Über kapitalistische Zerstörung und vom Protest dagegen.
Die Autorin Eva von Redecker erschließt uns die komplexen Zusammenhänge der fatalen Auswirkungen unserer kapitalistisch ausgerichteten Wirtschaft, deren Auswirkung auf Leben, Arbeitswelt und Ungleichheit.
Es ist gleich einem Albtraum, der über die 300 Seiten des Buches, kaum zu enden droht, weil es uns unmissverständlich vor Augen führt, dass jegliches Leugnen der bereits eingetretenen Welt-Katastrophe zwecklos ist.
Die Szenisch, musikalische Lesung sucht das Buch über prägnant verfasste Textfragmente, Liedsongs und Handlungen, die in Kontext gesetzt werden, zusammenzufassen. Sie sucht Projektionen zu schaffen, in denen sich komplexe Zusammenhänge fühlbar erschließen.
Die inhaltlichen Schwerpunkte liegen auf dem Kapitalismus, seinen Hintergründen, Beweggründen und fatalen gesellschaftlichen Auswirkungen.
Die Philosophie der neuen Protestformen, ihr Zusammenwirken und tiefenökologische Herangehensweise werden vor gestellt, was sie bewegt, zu streiken, zivilen Ungehorsam geltend zu machen, zu demonstrieren und unbeugsamer denn je das menschliche Recht auf nachhaltige Versorgung und Eigenbestimmtheit einzufordern, bzw. auf einen Systhemwechsel beharren.
Das Aufbäumen und die Konsequenz gibt Kraft und Mut. Das Buch gibt Hinweis, wo wir ansetzen müssen, welche Konsequenzen wir ziehen müssen, und wieviel mehr wir dadurch an Lebensqualität gewinnen.
Über die Referent*innen:
Chady Seubert, freischaffende darstellende Künstlerin und Musikerin, geb. 1966, aufgewachsen in Göttingen/Niedersachsen und beheimatet in der Prignitz / Brandenburg. Seit 1984 praktizierende freiberuflich tätige dastellende Künstlerin & Dozentin in den Bereichen Theater, darstellendes Spiel, Musik, Performance. Berlin, Münster, Amsterdam, Prignitz. Wirkungsfelder: Bildungs- und Sozialeinrichtungen (alle Altersstufen), Tourismus, Theater und Musikszene, politische Organisationen und Projekte mit nachhaltigem Charakter, "Papier - up-, recycling - Rekonstruktion" - Werkstatt und Ausstellung
Freitag
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© Eva Breuer Yoga am Morgen
Eva Breuer
Die Morgenarbeit mit Yoga dient dazu bewusst in den Tag zu starten. Mit Bewegung, geführter Atmung,Entspannung und wohldosierten Kräftigungsübungen tun wir uns Gutes. Yoga ist darüber hinaus eine Einladung, zu erkunden, was Ahimsa-Gewaltlosigkeit im Umgang mit der eigenen Person bedeuten kann.
Bitte bequeme Kleidung und am besten auch eine Decke/Yogamatte mitbringen.
Über die Referent*innen:
Eva Breuer, Jahrgang 1960, wurde durch die Kriegsdienstverweigerung ihres Bruders Otfrid motiviert, politisch aktiv zu werden. Nach Engagement in der Graswurzelbewegung, für die Kurve Wustrow und die internationalen Märsche für Entmilitarisierung ließ sie sich bei der Sebastian-Kneipp-Akademie zur Yogalehrerin ausbilden. Seit 1991 unterrichtet sie in Köln, Leverkusen, Leichlingen und Umgebung. Im Yoga ist ihr ein zielgruppenorientiertes Arbeiten mit einer sehr genauen und respektvollen Wahrnehmung des jeweiligen Gegenübers wichtig. Satyagraha - die Suche nach der Wahrheit und Ahimsa - Gewaltlosigkeit - zählen für sie zu den Voraussetzungen einer gut begründeten Yoga-Praxis.
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© von https://kiez-arendsee.de/ Frühstück
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© von Kerstin Veigt Der Erde lauschen: Meditatives Einstimmen
Kerstin Veigt
„Das Herz ist ein Instrument mit 1000 Saiten.
Nur Liebe vermag es zu stimmen.“Die morgendliche Meditation ist eine Einladung, zum Beginn des neuen Tages gemeinsam innezuhalten. In einer angeleiteten Meditation verbinden wir uns mit der Erde und allen Elementen. Wir können uns reinigen und neu beleben lassen. Im Sein lassen wir unsere Herzen wecken und stimmen.
Über die Referent*innen:
Kerstin Veigt, (*1973) liebt es, wie sich in gemeinsamer Meditation spirituelle Erfahrungsräume öffnen und beleben. Die Sehnsucht nach tiefem Frieden und ökologischer Ganzheit hat sie zeitgleich auf ihren Meditationsweg und zur beruflichen Tätigkeit in NGOs geführt. Inspiriert von den alten spirituellen Traditionen der Herzensmystik begleitet sie heute Gemeinschaften, Gruppen und Einzelne in transformativen Prozessen. Kerstin lebt in einem Dorf bei Marburg und ist mit Meditation, Heilarbeit und spiritueller Begleitung „auf dem Weg des Herzens“ selbständig.
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© Illustration von Manuel Schroeder © Foto: Hanno Paul Impulsvortrag: Zukunft für Alle! Wie kann sie gerecht, ökologisch und machbar sein - für alle?
Charlotte Hitzfelder, Anne Pinnow
Stell Dir vor, es ist das Jahr 2048 … Wie bewegst Du Dich fort? Was isst Du? Wie verbringst Du Deine Zeit? Wie und was arbeitet Du? Und über Deine eigene Situation hinaus – wie könnte diese Zukunft aussehen?
Angesichts vielfältiger Krisen – Klimakatastrophe, zunehmende Ungleichheit, Wirtschaftskrisen – machen sich mehr und mehr Menschen auf die Suche nach einem ganz anderen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem. Aber wie kann dieses aussehen? Der Vortrag zeigt Einblicke aus dem Projekt „Zukunft für alle“, wo Menschen aus Zivilgesellschaft, sozialen Bewegungen und Wissenschaft, konkrete Ideen einer gerechten, ökologischen und machbaren Gesellschaft entwickelt haben und der Frage nachgehen, wie wir dorthin kommen. https://zukunftfueralle.jetzt/buch-zum-kongress/
Über die Referent*innen:
Charlotte Hitzfelder, arbeitet seit 2015 beim Konzeptwerk Neue Ökonomie in Leipzig und ist seit 2020 als Gesamtkoordination tätig. Sie macht dort politische Bildungs- und Vernetzungsarbeit zum Thema Wirtschaft und Care (Sorgearbeit) und ist im Netzwerk Care Revolution aktiv.
Anne Pinnow, arbeitet seit 2014 beim Konzeptwerk Neue Ökonomie in Leipzig. Anne beschäftigt sich mit den Themensozial-ökologische Transformation, Zukunftsentwürfe und Care und Feminismus.
Links und Quellenangaben
- Zukunft für Alle Kongress: https://zukunftfueralle.jetzt/
- Konzeptwerk Neue Ökonomie: https://konzeptwerk-neue-oekonomie.org/
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© von Benjamin Bütter Arbeitsgruppen
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© Foto Naturfreunde Jugend Berlin, https://naturfreundejugend-berlin.de/wir/we-support/care-revolution AG Zukunft für alle! Mit der Care-Revolution gemeinsam auf der Suche nach einem guten Leben für alle
Charlotte Hitzfelder, Anne Pinnow
In diesem Workshop suchen wir nach Utopien, die unserem politischen Handeln heute eine Richtung geben können. Ausgangspunkt ist das Thema Care (auf dt. Sorgearbeit), welches nicht zuletzt durch Corona wieder aufzeigt, welche Arbeiten wirklich relevant, d.h. gesellschaftlich notwendig sind: Kochen, Putzen, Angehörige und kranke Menschen pflegen, sich um andere, um die Umwelt und um sich selbst kümmern. Inspiriert durch schon existierende Alternativen und die Vernetzung mit sozialen Bewegungen fragen wir danach, wie eine gerechte, solidarische und nachhaltige Zukunft aussehen kann, damit ein gutes und schönes Leben für alle* weltweit endlich möglich wird.
Workshop endet um 17 Uhr
Über die Referent*innen:
Charlotte Hitzfelder, arbeitet seit 2015 beim Konzeptwerk Neue Ökonomie in Leipzig und ist seit 2020 als Gesamtkoordination tätig. Sie macht dort politische Bildungs- und Vernetzungsarbeit zum Thema Wirtschaft und Care (Sorgearbeit) und ist im Netzwerk Care Revolution aktiv.
Anne Pinnow, arbeitet seit 2014 beim Konzeptwerk Neue Ökonomie in Leipzig. Anne beschäftigt sich mit den Themensozial-ökologische Transformation, Zukunftsentwürfe und Care und Feminismus.
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© Postkarte BUND | Freunde der Erde zur Rio-Nachfolgekonferenz 2002 in Johannesburg; Reproduktion Christiane Lohse AG Wirtschaften im Einklang mit dem Planeten: Postwachstumsökonomie & sozialökologische Alternativen zum Kapitalismus
Christiane Lohse, Rudolf Mehl
Im gegenseitigen Austausch werden wir die verschiedenen Aspekte, die bei diesem Thema zusammenspielen, sammeln und genauer betrachten. Wodurch entstehen die schädlichen Auswirkungen und wo gibt es Ansätze, umzusteuern?
Über die Referent*innen:
Christiane Lohse, im Versöhnungsbund aktiv seit Anfang der 1970’iger Jahre; letzte berufliche Station: 15 Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Umweltbundesamt zu „Umweltstrategien / Klimaschutz und Energie“.
Rudolf Mehl, Rentner, im früheren Erwerbsleben tätig in der Informationstechnik, zuletzt in der Schulung von Anwendern der technischen Systeme. Vielfältige soziale Erfahrungen durch langjährige Tätigkeit als Pflegevater in einer Pflegefamilie. Kompetenz in Wirtschaftsfragen durch langjährige Mitwirkung bei den Christen für gerechte Wirtschaftsordnung (www.cgw.de).
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© von https://www.sicherheitneudenken.de/ AG Sicherheit friedenslogisch denken
Hanne Adams, Berthold Keunecke, Dr. Theodor Ziegler
Der VB ist d i e Organisation, auf deren Jahrestagungen erstmals über Alternativen zur militärischen Friedenssicherung gesprochen wurde und von der wichtige Impulse für die Verbreitung des Konzeptes Soziale Verteidigung ausgingen. Die 2018 aus der badischen Landeskirche hervorgegangene und inzwischen von vielen Friedensorganisationen mitgetragen Initiative Sicherheit-neu-denken versucht in diesem Sinne in Gesellschaft und Politik das Interesse an einer friedenslogisch orientierten zivilen Sicherheitspolitik zu wecken. Die Kontraproduktivität und Gefährlichkeit militärischer Konfliktaustragung machen es dringend erforderlich, Sicherheit neu zu denken - nämlich friedenslogisch. Dies wird in dieser Arbeitsgruppe/Workshop vor- und zu Diskussion gestellt, auch Möglichkeiten des Engagements werden Thema sein.
Anhand von Beispielen von erfolgreichem zivilem Widerstand und von Schritten zur Aussöhnung einst verfeindeter Gruppen wollen wir Ideen sammeln, wie Konflikte von heute gewaltfrei gelöst werden könnten. Welche Faktoren tragen zu einem gelungenen zivilen Widerstand bei?
Nähere Infos und Literaturangaben:
- https://www.sicherheitneudenken.de
- Erica Chenoweth: Civil Resistance: What Everyone Needs to Know (Oxford University Press, 2021).
- Shifferd, Kent; Hiller, Patrick; Swanson, David: A Global Security System: An Alternative to War (Fifth Edition), Produced and published by: World BEYOND War
- *Hildegard Goss-Mayr: Wie Feinde Freunde werden , LIT Verlag 2020
- *Superkurzfassung der Studie von E. Chenoweth / M. Stephan: https://www.sicherheitneudenken.de/media/download/variant/259759/kurzfassung-studie-chenoweth_stephan_okt.2013.pdf
- * Kurzartikel über Weiterforschung E. Chenoweth: https://www.sicherheitneudenken.de/media/download/variant/186688
Über die Referent*innen:
Hanne Adams, 74 J., Lehrerin im Unruhestand, lebt in Erfurt und setzt sich ein für eine Welt ohne Militär, sie begleitet auch Geflüchtete zu Ämtern etc.. Sie arbeitet ehrenamtliche mit bei der Offenen Arbeit des Kirchenkreises Erfurt und im Netzwerk für Rüstungskonversion Thüringen und schätzt z.B. die Arbeit der IMI Tübingen, von Connection Offenbach, der Kampagne Sicherheit neu denken und der internationalen Organisation World Beyond War. Und sie ist ein Fan von Lebenslaute.
Berthold Keunecke, ev. Pfarrer in Herford – Mitglied in der FEGH e.G., Mitglied im Vorstand des Versöhnungsbundes und in der Kampagne „Wehrhaft ohne Waffen“, Einsatz im Rahmen von EAPPI in Jerusalem 2017, Praktiker im Konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.
Dr. Theodor Ziegler, 68 J., Religionspädagoge, Baiersbronn (Württ.), Mitautor des Szenarios "Sicherheit neu denken. Von der militärischen zur zivilen Sicherheitspolitik" und im Koordinationskreis der gleichnamigen Initiative, Liedermacher zu Krieg und Frieden und anderen wichtigen Themen; Dissertation: "Motive und Alternativentwürfe christlicher Pazifisten."
Improvisation macht kreativ: Da unser Referent Theo Ziegler krankheitshalber kurzfristig ausfiel, wurde das Szenario „Sicherheit neu denken – von der militärischen zur zivilen Sicherheitspolitik bis 2040“ aus einer englischsprachigen Präsentation von mir, Hanne Adams, als zweiter Referintin vorgestellt.
Doch zuvor nahmen wir uns die Zeit für eine lange Vorstellungsrunde der 21 Teilnehmenden, die sehr bereichernd war: Alle konnten sich mit ihren aktuellen Gedanken und Gefühlen angesichts des Angriffs Russlands auf die Ukraine einbringen. Das ging dann von der Frage nach den pazifistischen Alternativen angesichts dieses Krieges über die Sorgen angesichts der Unsicherheiten in der Friedensbewegung und dem Berliner Wahnsinnsvorhaben, 100 Mrd. Euro Sondervermögen für die Bundeswehr im Grundgesetz festzuschreiben, bis zur Weitung unseres Blickes hin zu der sich verschärfenden Konfliktsituation in Israel- Palästina und dem Vorschlag, einen Marsch weißgekleideter Frauen nach Moskau zu organisieren.
Mich hat sehr gefreut, dass Anna Turkulova aus der Ukraine am Vormittag an unserem Workshop teilgenommen hat. Für sie, die bisher immer für gewaltfreie Konfliktbearbeitung geworben hat, ist es kaum auszuhalten, dass derzeit keine gewaltfreie Lösung im Ukrainekrieg in Sicht ist.
Berthold Keunecke, der eigentlich für die Moderation zuständig war, erklärte, warum es so schwer ist, in einem Krieg für Deeskalation zu werben, und verdeutlichte die Gefahren der Konflikteskalationen anhand des Konfliktstufenmodells von Friedrich Glasl, das zu den Grundlagen der Friedensforschung gehört: Glasl vergleicht die Dynamik der Konflikteskalation mit einem Fluss, der immer reißender wird, so dass ein Schwimmen gegen den Strom mit jeder der Stufen, über die er hinab fließt, schwieriger wird. Dabei beschreibt er neun Stufen, wobei der Zwang zur Koalition in der eigenen Gruppe ab Stufe 4 sehr stark wird. Ab hier versucht die eigene Partei, ein Verständnis der Position des Gegners zu unterdrücken. Ab Stufe 7 – das ist der Punkt, wo es zu offener Gewalt kommt – verlieren die Parteien die Kraft, selbst eine Deeskalation einzuleiten. Es braucht dann einen Machteingriff von außen. Dieser Machteingriff kann in einem Krieg aber kaum ein Waffeneinsatz sein, weil die eingreifende Macht damit selbst zur Kriegspartei wird und ebenfalls Möglichkeiten zur Deeskalation verliert. Ab Stufe 7 steigt aber auch die eigene Opferbereitschaft so stark, dass es gar nicht mehr so darauf ankommt, die eigenen Interessen zu wahren, sondern nur noch, den Gegner zu schädigen. Das Ende – die Stufe 9 – besteht darin, dass sich beide Parteien gegenseitig in den Abgrund reißen. Im Fall des Ukrainekrieges läuft eine weitere Eskalation auf den Atomwaffeneinsatz hinaus.
Glasl, 1994, S. 216, 218-219, CC BY-SA 2.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=45956514 Zur Gefahr, mit der Frage nach der Schuld in einem Konflikt zu kurz zu greifen, verwies Berthold Keunecke auf ein Beispiel einer Schlägerei auf einem Schulhof: Da wird von den Lehrern natürlich zuerst gefragt, wer zuerst zugeschlagen hat. Das ist jedoch oftmals derjenige, der in dem zugrunde liegenden Konflikt der Schwächere war. Er fühlte sich in die Ecke gedrängt und griff zur Eskalation in die offene Gewalt hinein, weil er sonst keine Möglichkeit mehr für sich sah. Eine Bestrafung demütigt ihn weiter. Um weitere Schlägereiein zu verhindern, ist es nötig, den zugrunde liegenden Konflikt zu bearbeiten.
Nach einem kurzen Überblick über die vielfältigen Schritte des Szenarios Sicherheit neu denken wurde dann an zwei Beispielen gezeigt, wie gewaltfreie Konfliktbearbeitung gelingen kann, zuerst am
Versöhnungsprozess in Nordirland
Die Wurzeln dieses Konflikts reichen bis ins 16. Jhd. zurück, als König Heinrich VIII zuerst die Anglikanische Staatskirche gründete, also den Papst nicht mehr als Kirchenoberhaupt anerkannte, und sich dann zum König des überwiegend katholischen Irland machte. Die nach Unabhängigkeit strebende irische Bevölkerung kam auch vor den 1960er Jahren nicht zur Ruhe, britisches Militär versuchte, das Land zu „befrieden“. Aber ab den 1960er Jahren nahmen die Unruhen stark zu. Es gab sowohl auf der protestantischen als auch auf der katholischen Seite viele Tote, beide Seiten hatten ihre paramilitärischen Gruppen.
Der Friedensprozess ist besonders zwei Frauen zu verdanken, Mairead Corrigan-Maguire und Betty Williams. 1976 erschossen britische Soldaten einen in einem Auto fliehenden Kämpfer und nahmen damit in Kauf, dass das nun führerlose Auto in eine Gruppe von Spaziergängern fuhr. Dabei wurden drei Kinder der Schwester von Mairead Corrigan getötet, die Schwester starb später an den Unfallfolgen. Allein der Schwager von Mairead Corrigan überlebte – sie heiratete ihn später – und einer seiner Söhne.
Mairead Corrigan und Betty Williams, eine Augenzeugin des tödlichen Ereignisses, verzichteten auf Schuldzuweisungen und organisierten eine große Demonstration mit über 10.000 Teilnehmenden für ein Ende der Gewalt, mit Angehörigen beider Konfessionen. Danach fanden überall in Nordirland Woche für Woche Friedensdemonstrationen statt. Mit andern zusammen gründeten sie die „Community of Peace People“. Deren Mitglieder kamen aus allen Konfessionen, aus allen Generationen, aus allen gesellschaftlichen Schichten. Auch Paramilitärs schlossen sich an und Menschen aus den USA.
Es wurden konfessions- und parteiübergreifende Gruppen gegündet, Motto „Frieden schaffen in Nordirland“. Beteiligt waren Schulen und Lehrer:innen. Mit Hilfe von internationalen Unterstützer:innen wurden überkonfessionelle Camps für Jugendliche veranstaltet. An irisch-stämmige Menschen in den USA ging der dringende Appell, kein Geld mehr für den bewaffneten Kampf zu schicken.
All diese Aktivitäten schufen die Voraussetzung für das „Karfreitagsabkommen“ von 1998, in dem das künftige Zusammenleben geregelt wurde. In der Republik Irland und in Nordirland wurde das Abkommen in Volksabstimmungen mit großer Mehrheit angenommen.
Der Konflikt ist nicht gelöst, aber die meisten Menschen dort haben den Willen, gewaltfrei damit umzugehen.
Im zweiten Beispiel geht es um den gewaltlosen Widerstand in den 1980er Jahren gegen den Diktator Ferdinand Marcos auf den Philippinen. Wir hatten das Glück, dass Pete Hämmerle, Mitarbeiter im Büro des Versöhnungsbundes österreichischer Zweig, an unserer Gruppe teilnahm. Er kennt die internationale Friedensstifterin Hildegard Goss-Mayr gut, und so konnte er kurz von ihrer Friedensarbeit zusammen mit ihrem Mann Jean Goss erzählen.
Der gewaltlose Widerstand in den 1980er Jahren gegen die Diktatur des Präsidenten Marcos
Ferdinand Edralin Marcos war von 1965 bis 1986 Präsident der Philippinen und regierte ab 1972 das Land diktatorisch. 1986 musste er nach einem gewaltlosen Volksaufstand das Land verlassen und floh in die USA.
Auslöser dieses zivilen Widerstands, dem sich schrittweise auch einflussreiche Gruppen und Institutionen im Land anschlossen, war die Ermordung des beliebten Oppositionspolitikers Senator Benigno („Ninoy“) Aquino am Flughafen von Manila, als er aus dem Exil in die Philippinen zurückkehren wollte.
Mit der Frage „Habe ich als Christ das Recht, das Volk in einen Bürgerkrieg zu führen, oder gibt es doch einen gewaltfreien Weg?“ wandte sich Ninoy Aquinos jüngster Bruder Agapito („Putz“) Aquino an das Ehepaar Goss-Mayr.
Jean Goss antwortete „Ja, es gibt eine konkrete gewaltfreie Alternative. [...] Doch ein gewaltloser Befreiungskampf fordert nicht nur eine umfassende Analyse der Situation und eine feste Überzeugung von der Kraft der Gewaltfreiheit wenigstens einer Teiles der Bevölkerung, sondern auch Kenntnis der gewaltfreien Methoden, Schulung, Erarbeitung einer Strategie. Es wird vielleicht ein langer, beharrlicher Kampf nötig sein.“
Hildegard Goss-Mayr, damals etwa 90jährig, kam selbst zu Wort in einem Video, in dem sie von einer riskanten Aktion der oppositionellen Gruppe der Studenten erzählt, die damals unbewaffnet dem bewaffneten Militär gegenüber standen. Zum Glück kam damals niemand zu Schaden. Sie benennt Punkte, die für den gewaltfreien Widerstand wichtig sind:
1. Die absolute Achtung des Menschen, der Freunde, aber auch der Gegner
2. Unrecht erkennen, und benennen.
Sich diesem Unrecht stellen, sagt sie, aber sich nicht mit den selben Methoden der Gewalt, sondern aus der befreienden Kraft der Wahrheit, der Gerechtigkeit, der Liebe. Und Schritte setzen, die realistisch sind, d.h. die von der andern Seite angenommen werden können. Und in diese Schritte werden beide eingebunden, diejenigen, die betroffen sind und diejenigen, die in erster Linie für das Unrecht Verantwortung tragen. Damit ist auch verbunden die Bereitschaft, selbst die Konsequenzen des Unrechtes auf sich zu nehmen, selbst wenn dabei das eigene Leben auf dem Spiel steht.
Wichtig sei außerdem, symbolische Akte zu setzen, die Gemeinschaft schaffen können.
Nach und nach zog die Oppositionsbewegung auch einflussreiche Teile der Bevölkerung auf ihre Seite. Durch Boykott und andere zivile Aktionen gelang es 1986, den Diktator Marcos zur Flucht in die USA zu treiben.
Videobotschaft von Hildegard Goss Mayr - Ein Klick auf das Video führt zum Youtube-Video Friedenslogisches Denken in Bezug auf Russlands Angriffskrieg
Immer wieder kam die Frage auf, was denn friedenslogisches Denken für uns in Bezug auf Russlands Angriffskrieg bedeutet. Im Allgemeinen ist das klar: Friedenslogik versucht, mit Hilfe von Schritten der Deeskalation zu einer Verhandlungslösung zu kommen. Doch alle Konkretionen blieben da offen. Eine ausführliche Erörterung des Themas hätte den Rahmen gesprengt. So blieb uns nur, auf die Veranstaltung mit Clemens Ronnefeldt am darauffolgenden Tag zu verweisen.
Außer den in den Endnoten genannte Quellen auch empfehlenswert:
Martin Arnold: Gütekraft – Hildegard Goss-Mayrs christliche Gewaltfreiheit, Bücken-Sulzer-Verlag Overath 2011
gesamten Text anzeigen nur Textausschnitt anzeigen Links und Quellenangaben
- https://www.sicherheitneudenken.de/
- https://de.wikipedia.org/wiki/Konflikteskalation_nach_Friedrich_Glasl
- https://www.change4success.de/files/change4success/img/news_blog/2017/9%20Konfliktstufen%20nach%20Glasl.jpg
- https://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_Marcos
- Hildegard Goss-Mayr: Wie Feinde Freun- de werden, S. 127, Herder Verlag Freiburg i. Br. 1996:
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AG Der Rassismus in uns: macht- und rassismuskritische Selbstreflexion
Annette Kübler, Layla Kübler, Yaheb Kübler, Mathilde Hörchner
„Dear White people, ihr seid in der Verantwortung. Es kann nicht sein, dass wir uns ständig im Kreis drehen. Wenn ihr was ändern wollt dann BLEIBT BEI DER SACHE“
Dem wollen wir uns stellen. Und wir wollen uns gegenseitig stärken in den oft schwierigen Diskussionen zur Rassismus mit Menschen, die sich für erwachsen halten.
Lernen, auszuhalten, marginalisierte Perspektiven zuzuhören - auch wenn es mein eigenes Selbstbild als „Gute“ bedroht. Gewalt sehen lernen, auch die, die mich nicht verletzt, auch die, von der ich profitiere, auch „epistemische Gewalt“. Die Geschichten überwinden, die ich erzählt bekam und erzähle um unsere „Unschuld“ zu schützen. Marginalisierte Perspektiven einbringen, die mir mein eigenes Leben geschenkt hat. Mich von Scham- und Schuldgefühlen nicht daran hindern lassen, zu lernen.
Gewalt-bewusster können wir dazu beitragen, bündnisfähiger werden und alltägliche koloniale Gewalt weniger zu wiederholen.
Wenn man sich mit dem Thematik nicht eingehender beschäftigt, ist oft schwer nachvollziehbar, warum eine rassismuskritische Weiterentwicklung so notwendig aber auch so schwierig ist. Darum nehmen wir uns Zeit, tiefer einzusteigen und unsere Kompetenz zu erweitern.
Bitte bringt Basics in die AG mit. Lasst uns Selbstverantwortung für unser Lernen übernehmen: Bücher, Artikel, Dokus, Podcasts gibt es genug: Schwarze Menschen schreiben und teilen ihr rassismuskritisches Wissen seit Jahrzehnten, Jahrhunderten: nutzt diese Chancen. Zum Beispiel:
* „Und ich weiß – was viel schlimmer ist, und das ist das Verbrechen, das ich meinem Land und meinen Landsleuten anlaste und das weder ich noch die Zeit noch die Geschichte ihnen jemals vergeben wird –, dass sie hunderttausendfach Leben zerstört haben und immer noch zerstören und nichts davon wissen und nichts davon wissen wollen.“
schreibt James Baldwin in: https://www.deutschlandfunkkultur.de/eddie-s-glaude-jr-begin-again-neu-anfangen-mit-james-baldwin.974.de.html?dram:article_id=487912* „Schuldgefühle und Verteidigungshaltungen sind die Steine einer Mauer, an der wir alle zerschellen werden, denn sie dienen keiner für uns wünschenswerten Zukunft.“ schreibt Audre Lorde in: Vom Nutzen unseres Ärgers. https://blog.zwischengeschlecht.info/public/Audre_Lorde_Gigi11.pdf
* „Die verstörende Überheblichkeit der Ignoranz“ nennt Raoul Peck unsere kolonialen Praxen. Und gleichzeitig: "Ihr wisst das schon. Ich auch", fährt er fort. "Nicht an Wissen mangelt es uns. Was fehlt, ist der Mut, begreifen zu wollen, was wir wissen, und daraus die Konsequenzen zu ziehen." https://www.arte.tv/de/videos/095727-001-A/rottet-die-bestien-aus-1-4/?fbclid=IwAR3VXYnV-gVjUvnFyKoKlCubexKEsJdumT4P_n2SnV2QmB6tC0NSeQwCPPo'
* Noah Sow: Deutschland Schwarz Weiß, Neuauflage 2018, Klassiker zum Thema. Noah Sow ist ebenso brilliant wie scharf, das auszuhalten lohnt sich https://www.noahsow.de/
Mathilde Hörchner, Layla, Yaheb und Annette Kübler…
...begleiten – mit einigen anderen – den VB seit 2016 auf einer rassismuskritischen Lernreise.
...wollen verstehen, wie gesellschaftliche Machtverhältnisse und Positionierungen unsere Vorstellungen von „normal“ und von „Gewalt“ geprägt haben.
...bemühen sich Verantwortung zu übernehmen.
...sind dankbar für Perspektiven, die uns unsere je eigenen Leben geschenkt haben, diese bringen wir gerne ein.
Über die Referent*innen:
Annette Kübler, Bildungsarbeiterin, Anti Bias Trainerin. Sie begleitet – mit einigen anderen – den VB seit 2016 auf einer rassismuskritischen Lernreise … will verstehen, wie gesellschaftliche Machtverhältnisse und Positionierungen unsere Vorstellungen von „normal“ und von „Gewalt“ geprägt haben … bemüht sich Verantwortung zu übernehmen … ist dankbar für Perspektiven, die ihr ihr Leben geschenkt hat und bringt diese gerne ein
Als ich die ersten Zeilen für diesen Bericht schreibe, hänge ich noch mit meinen Gedanken in einer Geschichte, die Sarah Vecera (Christliche Theologin, Aktivistin, Mutter) in ihrem Instagramkanal "moyo.me"gerade online erzählt hat. Geschehen ist diese Szene in Berlin, wo Sarah wohnt (und an dem Tag, als wir gemütlich auf der Jahrestagung saßen). Sie berichtet immer wieder vom Rassismus, der ihr als schwarzer deutscher Frau alltäglich widerfährt. Diesmal wollte sie eigentlich nur schnell Donuts kaufen. Die junge weiße Verkäuferin wies sie sofort darauf hin, dass diese Donuts Gelatine enthalten. Sarah Vecera lächelte zunächst noch und sagte, sie nehme sie trotzdem.Die Verkäuferin hakte nach. Sind sie sicher? Ja - antwortet Sarah (sie spricht akzentfrei deutsch). Dürfen sie das essen? fragt die Verkäuferin laut und abgehackt. Und: Da ist Schwein drin!! sagt sie laut und überdeutlich. Auf ihre Gegenfrage, ob sie das weißen Frauen auch sage, kann die junge Verkäuferin keine wirkliche Antwort geben. Das. ist. verletzend. Und täglich. Sie kann sich dem nicht entziehen. Niemals. Mir als weißer Frau passiert so etwas nie. Niemals. Seit längerem möchte ich wissen, möchte hinsehen, möchte verstehen lernen, warum wir alle aus dieser Falle nicht heraus kommen. Darum folge ich auf Instagram seit einiger Zeit Menschen mit anderen Lebenshintergründen, um von ihnen zu lernen. Einer jungen deutschen muslimischen Journalistin. Einer ebenfalls jungen Frau, die gerade auf dem Weg ist, Rabbinern zu werden. Und Sarah, die als deutsche Theologin von ihrem Leben erzählt. Lernen wollte ich etwas über die Kultur und die Lebensfragen dieser Frauen, begegnet ist mir so viel massiver erlebter Rassismus, dass es mir immer wieder den Atem nimmt. Ich versuche, immer besser hin zu hören, zum Beispiel, wenn die Partnerin meiner Tochter, eine junge deutsche Frau aus einer slowakisch-ungarischen Roma-Familie, von sich berichtet und sich selbst in einer Mischung aus stolz und sch(m)erzhaft „Kannacke“ nennt, weil andere sie so betiteln. Ich zahle bitteres Lehrgeld, als mich deren Mutter bittet, ihr eine große Summe von Geld zur Behandlung und Beerdigung ihrer eigenen Mutter in der Slowakei zu borgen. Und ich skeptisch werde, weil ich in meinen eigenen rassistischen Klischees fest hänge. Ich mache lieber einen Vertrag. Und: sie zahlt verlässlich ab. Und ich schäme mich mal wieder. Ich stehe vor meinem Bücherregal und kann keine nicht-weißen Autor:innen finden und beginne gerade, das zu ändern. Ich lese viel über das Thema Rassismus. Und mit diesen Fragen und Eindrücken sitze ich am Freitag der Jahrestagung 2022 im Workshop „Der Rassismus in uns..“. Wir nähern uns dem Thema über die Sprache, die eine große Gewalt über uns hat. Was für Menschen haben wir vor Augen, wenn wir das Wort „Ureinwohner:in“ hören und welches Land, wenn der Begriff „Zivilisationsstand“ fällt? Und warum ist unser Denken genau so verknüpft? Unsichtbar. Unbewusst. Weiße Denkstrukturen, die sich seit der Kolonisierung in die Sprache und das Denken eingenistet haben. Auch ich verwende hier im Bericht die Personalpronomen „wir“ und „uns“ - und lerne gerade zu hinterfragen, welches wir das eigentlich meint. „Wer sind ‚wir‘?“ - diese Frage blieb in der Luft hängen nach dem Bericht über europäische nachhaltige Zukunftsvisionen am Freitagvormittag der VB-Tagung. Und wen meinen wir mit ’wir’ im Versöhnungsbund, möchte ich fragen? Noch und noch so viele Projekte im Globalen Süden reichen nicht aus, wenn ich nicht auch in meinem Innersten nach den Fäden suche und sie identifiziere, die uns alle gemein umwickeln und umgarnen; die ausgeworfen wurden, um Menschen besser herabwürdigen und versklaven zu können und die nun Allgemeingut geworden sind. Dies alles hören und lernen wir voneinander im Workshop. Auch das, dass ein „safe space“ (sicherer Ort) ohne Einschränkungen nur für die offen sein soll, für die er eingerichtet wurde: in diesem Fall für Menschen, die Rassismus erfahren haben. Und natürlich könnte man sagen, dass es dann für noch viele andere Menschen „safe spaces“ bräuchte und das ist auch richtig. Dennoch nimmt es jedem einzelnen Anliegen die Kraft, wenn es mit dem Verweis auf andere relativiert wird. Jedes einzelne Anliegen von Diskriminierung braucht seine Lösungen und seine Aufmerksamkeit. Die Gespräche und der zum Teil sehr emotionale Austausch in der Arbeitsgruppe führte zu einigen Thesen für die Arbeit des Versöhnungsbundes, die ich hier stichwortartig wiedergeben will. Sie können und sollten erste Spuren sein auf dem Weg zu einer rassismuskritischen Organisation.
Ideen auf dem Weg zu einer rassismuskritischen Haltung:
- sich zu fragen: Wer ist „wir"? Wer ist gemeint? Wer nicht?
- Wessen Frage werden behandelt? Wessen Bedürfnisse wir berücksichtig? Wessen Standpunkt gilt als relevant? Wer darf auf das Podium? Wer fehlt?
- Auseinandersetzung mit den (unbewussten) Ausschlussmechanismen im VB, Lernen von der Perspektive der Ausgeschlossenen
- parallel zum Gendermainstreaming einen Antirassistisches Mainstreaming entwickeln und pflegen
- vielleicht durch die Verständigung über verletzende Worte, z.B. „No go“-Fragen wie „Wo kommst du eigentlich her?“
- und die Auseinandersetzung mit kultureller Aneignung
- und auch die Frage nach dem Selbstbild, von „gewaltfrei“ zu „gewalt-bewusst“?, denn unser Denken und Fühlen ist geprägt von (z.T. unbewusster) struktureller und epistemischer Gewalt
- konkreter Vorschlag: „safe space“ ist eine safe space! dieses Konzept erklären und respektieren, es dauerhaft für BIPoC (Black, Indigenous and People of Colour) auf den Tagungen einrichten, der Frage nachgehen: Was braucht es, dass die Jahrestagung für alle sicherer wird?
Wir meinen: der VB braucht einen rassismuskritischen Prozess, um bündnisfähig zu bleiben.
Literaturvorschläge:
Noah Sow: Deutschland Schwarz Weiß: Der alltägliche Rassismus;
Tupoka Ogette: exit Racism: rassismuskritisch denken lernen;
Tupoka Ogette: Und jetzt du: rassismuskritisch leben;
Sarah Vecera: Wie ist Jesus weiß geworden? Mein Traum von einer Kirche ohne Rassismus.
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